Rückstellungen für Prozessrisiko
Grundsätze
Bei einem schwebenden Prozess ist eine Rückstellung für Prozesskosten zu bilden. Die Höhe richtet sich nach nach den entstandenen und noch zu erwartenden Kosten. Steuerlich gilt die Rückstellungsmöglichkeit nur für Prozesse, die bereits anhängig sind.
Dazu gibt es ein Urteil vom Bundesfinanzhof (06.12.1995, I R 14/95).
Leitsätze 1 und 2:
1. Künftige Prozeßkosten für ein am Bilanzstichtag noch nicht anhängiges Berufungs- oder Revisionsverfahren können grundsätzlich nicht zurückgestellt werden.
2. Prozeßzinsen, die für die Dauer eines am Bilanzstichtag noch nicht anhängigen Rechtsmittelverfahrens künftig entstehen können, können zu diesem Stichtag noch nicht zurückgestellt werden.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:
Mit Urteilen vom 27. Mai 1964 IV 352/62 U (BFHE 80, 8, BStBl III 1964, 478) und vom 24. Juni 1970 I R 6/68 (BFHE 100, 20, BStBl II 1970, 802) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, daß bei einem schwebenden Zivilprozeß eine Rückstellung für Prozeßkosten zu bilden sei, die sich der Höhe nach nach den entstandenen und noch zu erwartenden Kosten der jeweils angerufenen Instanz richtet. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung im Grundsatz fest ....
Rückstellungen für dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten sind im allgemeinen zu bilden, wenn sie gegenüber einem Dritten bestehen bzw. entstehen werden, im abgelaufenen Jahr entweder rechtlich entstanden oder zumindest wirtschaftlich verursacht sind und wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der Steuerpflichtige hieraus in Anspruch genommen wird. Wahrscheinlich ist die Inanspruchnahme, wenn hierfür mehr Gründe dafür als dagegen sprechen ....
Künftige Prozeßkosten für ein am Bilanzstichtag noch nicht anhängiges Verfahren können grundsätzlich nicht zurückgestellt werden, weil die Pflicht zur Kostentragung - mangels entsprechenden Kostenausspruchs - noch nicht rechtlich entstanden und auch ihr (künftiges) Entstehen nicht im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht ist. Eine wirtschaftliche Verursachung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, daß die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale für das Entstehen der Verbindlichkeit bereits am Bilanzstichtag erfüllt sind und das zivilrechtliche Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt ....
Unabdingbares und damit wesentliches Tatbestandsmerkmal für das Entstehen von Prozeßkostenverpflichtungen für eine spätere Instanz ist die Einlegung des Rechtsmittels. Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung ist zu unterscheiden zwischen der Passivierung einer (ungewissen) Leistungs- oder Schadensersatzverpflichtung, für die der Rechtsgrund im abgelaufenen Wirtschaftsjahr gelegt wurde und der ungewissen Verpflichtung zur Tragung von Prozeßkosten. Die einen Schadensersatz begründende Handlung ist zwar wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Entstehung einer Schadensersatzverpflichtung (vgl. hierzu z. B. BFH-Urteil in BFHE 169, 423, BStBl II 1993, 153 m. w. N.). Sie allein läßt aber noch keine wirtschaftliche Verpflichtung zur Tragung künftiger Prozeßkosten entstehen. Hierzu bedarf es grundsätzlich erst der Erhebung der Klage oder der Einlegung eines Rechtsmittels, sei es durch den Steuerpflichtigen oder den Prozeßgegner.
Die Einkommensteuer-Hinweise 2021 enthalten im Hinweis 5.7 (5) folgendes:
Prozesskosten
Bei am Bilanzstichtag noch nicht anhängigen Verfahren/Instanzen fehlt es grundsätzlich an der wirtschaftlichen Verursachung (BFH vom 6.12.1995 - BStBl 1996 II S. 406).
Buchungssätze bei Rückstellungen für Prozessrisiko (Prozesskosten)
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