Lineare Abschreibung

Aktuelles

Jahressteuergesetz 2022
Der Bundestag hat am 2. Dezember 2022 den Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2022 gebilligt. Das Gesetz wurde in dritter Beratung in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung angenommen. Der Bundesrat hat in seiner 1029. Sitzung am 16. Dezember 2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt.
Dort ist auch die Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent (§ 7 Absatz 4 EStG) enthalten.

Grundsätzliches

Es existieren handels- und steuerrechtliche Vorschriften zur linearen Abschreibung.
Der § 253 Abs. 3 HGB schreibt vor:

Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann.
...

Der § 7 Abs. 1 EStG schreibt vor:

Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen). Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.
...

Die lineare Abschreibung ist damit für alle abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zulässig. Es ist praktisch die Normal-AfA.

Die Anschaffungs-/Herstellungskosten werden in gleichbleibenden Jahresbeträgen auf die Nutzungsdauer verteilt. Es gilt:

Abschreibungsbetrag und Abschreibungssatz bei der Linearen Abschreibung

Die gültigen AfA-Tabellen finden Sie auf der Seite des Bundesministeriums der Finanzen (BMF).

Beispiel zur linearen Abschreibung

Es wurde ein neuer PKW für einen Nettobetrag von 60.000 € angeschafft.
Personenkraftwagen haben nach der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 6 Jahren.

Abschreibungsbetrag pro Jahr = 10.000 € (60.000 € / 6 Jahre)

Abschreibungssatz = 16,67 % (100 / 6)

Jahr Bezugs­wert der Abschreibungs­berechnung Abschreibungs­satz Abschreibungs­betrag Rest­buchwert (Ende des Jahres)
1 60.000 € 16,67 % 10.000 € 50.000 €
2 60.000 € 16,67 % 10.000 € 40.000 €
3 60.000 € 16,67 % 10.000 € 30.000 €
4 60.000 € 16,67 % 10.000 € 20.000 €
5 60.000 € 16,67 % 10.000 € 10.000 €
6 60.000 € 16,67 % 10.000 € 0 €

Besonderheiten bei der Abschreibung von Gebäuden

Der § 7 Abs. 4 EStG unterscheidet zwischen "Wirtschaftsgebäuden" und anderen Gebäuden.

§ 7 Abs. 4 EStG (Fassung bis 31.12.2022)

Bei Gebäuden sind abweichend von Absatz 1 als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge bis zur vollen Absetzung abzuziehen:
  1. bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, jährlich 3 Prozent,
  2. bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllen und die
    1. nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 Prozent,
    2. vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 Prozent
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten; Absatz 1 Satz 5 gilt entsprechend. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 weniger als 33 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a weniger als 50 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b weniger als 40 Jahre, so können anstelle der Absetzungen nach Satz 1 die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden. Absatz 1 letzter Satz bleibt unberührt. Bei Gebäuden im Sinne der Nummer 2 rechtfertigt die für Gebäude im Sinne der Nummer 1 geltende Regelung weder die Anwendung des Absatzes 1 letzter Satz noch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2).

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der § 7 Abs. 4 EStG geändert.
§ 7 Abs. 4 EStG (Fassung ab 1. Januar 2023):

Bei Gebäuden sind abweichend von Absatz 1 als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge bis zur vollen Absetzung abzuziehen:
  1. bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, jährlich 3 Prozent,
  2. bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllen und die
    1. nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt worden sind, jährlich 3 Prozent,
    2. vor dem 1. Januar 2023 und nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 Prozent,
    3. vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 Prozent
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten; Absatz 1 Satz 5 gilt entsprechend. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 weniger als 33 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a weniger als 50 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b weniger als 40 Jahre, so können anstelle der Absetzungen nach Satz 1 die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden. Absatz 1 letzter Satz bleibt unberührt. Bei Gebäuden im Sinne der Nummer 2 rechtfertigt die für Gebäude im Sinne der Nummer 1 geltende Regelung weder die Anwendung des Absatzes 1 letzter Satz noch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2).

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 2021, IX R 25/19
Keine Verengung der Gutachtenmethodik auf Bausubstanzgutachten zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG)

Leitsätze:

1. NV: Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint; erforderlich ist insoweit, dass aufgrund der Darlegungen des Steuerpflichtigen der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, mit hinreichender Sicherheit geschätzt werden kann.
2. NV: Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer.

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 22.02.2023 ein BMF-Schreiben zur Absetzung für Abnutzung von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Absatz 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz) veröffentlicht.
Auszug:

Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.

Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen und begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist. Ein Bausubstanzgutachten im Sinne des sog. ERAB-Verfahrens (Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen) ist nicht zwingend erforderlich, kann aber hilfreiche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Einzelfalls enthalten (BFH-Urteil vom 28. Juli 2021, a. a. O.).

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. Januar 2024, IX R 14/23
Sachverständige Schätzung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden ImmoWertV

Leitsätze:

1. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint (Anschluss an Senatsurteil vom 28.07.2021 - IX R 25/19, Rz 19; z.T. entgegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332, Rz 24).
2. Der schlichte Verweis durch den Steuerpflichtigen auf die modellhaft ermittelte Gesamt- und Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung genügt nicht, um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darzulegen und nachzuweisen.
3. Der kapitalisierte Wert eines lebenslangen, fortbestehenden Nießbrauchsrechts an einem Grundstück ist nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Nießbraucher das Eigentum am belasteten Grundstück erwirbt.

Damit stellt sich der Bundesfinanzhof gegen das Bundesministerium der Finanzen
Auszug aus den Entscheidungsgründen des Urteils:

Die weitergehenden Anforderungen und Einschränkungen, die die Finanzverwaltung in Rz 23 f. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.02.2023 (BStBl I 2023, 332) für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer durch Sachverständigengutachten aufstellt, lassen sich dem Gesetz jedenfalls nicht in Gänze entnehmen. Weder § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG noch § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV geben vor, auf welche Weise und anhand welcher Gutachtenmethode der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, zu schätzen ist. Bereits aus diesem Grund ist die Anweisung des BMF in Rz 24 seines Schreibens, die "bloße Übernahme" einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten reiche als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nicht aus, nicht tragfähig. Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2010 (inzwischen § 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021 --ImmoWertV 2021--, BGBl I 2021 2805) ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode (Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 522; Graw, juris PraxisReport Steuerrecht 5/2022, Anm. 3), die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Die sog. degressive Gebäude-AfA (§ 7 Abs. 5 EStG) kommt nach verschiedenen Staffeln für Gebäude in Betracht.


© 2009-2024 A.Liebig - Impressum - Kontakt - Datenschutz - Inhaltsverzeichnis (Sitemap) - Buchführungslexikon