Istversteuerung - Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG)

Aktuelles

Die Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) nach § 20 Satz 1 Nummer 1 UStG wird ab 01.01.2024 von 600.000 € auf 800.000 € angehoben.
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte am 21. Februar 2024 einen Kompromiss beim Wachstumschancengesetz beschlossen.
Am 23. Februar 2024 stimmte der Bundestag dem Kompromiss zum Wachstumschancengesetz zu.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 22. März 2024 dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Damit kann das Gesetz nach Ausfertigung und Verkündung in Kraft treten.
Im Gesetzentwurf ist auch die Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung enthalten. Diese Maßnahme wurde im Vermittlungsergebnis beibehalten.
Auszug aus der Begründung zum Gesetzesvorhaben:

Der Gesetzgeber hat die Grenze des § 20 Satz 1 Nummer 1 UStG zuletzt zum 1. Januar 2020 angehoben und an die Grenze des § 141 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO angepasst. Durch die weitere Anhebung auf 800.000 Euro wird dieser Gleichlauf beibehalten.

Grundsätze

Nach § 16 Abs. 1 UStG ist die Steuer, soweit nicht § 20 gilt, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Nach § 13 Abs. 1 UStG entsteht die Steuer bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (Sollversteuerung).

Die Steuerschuld wird also auf Beträge berechnet, die das Unternehmen noch gar nicht erhalten hat. Das kann die Liquidität bedrohen. Für kleinere Unternehmen gibt es deshalb eine Sonderregelung im § 20 UStG.
Danach kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr eine bestimmte Grenze nicht überschritten hat, die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.

Diese Sonderregelung wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert:

  • Bis 30.06.2009 hat der Betrag von 250.000 Euro gegolten.
  • Bis zum 31.12.2009 hat für die neuen Bundesländer der Betrag von 500.000 Euro gegolten.
  • Vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 wurde die noch für die neuen Bundesländer geltende höhere Grenze für das gesamte Bundesgebiet eingeführt.
  • Ab dem 01.01.2012 wurde die Grenze von 500.000 Euro dauerhaft eingeführt.
  • Ab dem 01.01.2020 wurde die Grenze auf 600.000 Euro angehoben.
  • Ab dem 01.01.2024 wurde die Grenze auf 800.000 Euro angehoben (Wachstumschancengesetz).

§ 20 UStG:

Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,
  1. dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800 000 Euro betragen hat, oder
  2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder
  3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt, oder
  4. der eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, soweit er nicht freiwillig Bücher führt und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse macht oder hierzu gesetzlich verpflichtet ist,
die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. Erstreckt sich die Befreiung nach Satz 1 Nr. 2 nur auf einzelne Betriebe des Unternehmers und liegt die Voraussetzung nach Satz 1 Nr. 1 nicht vor, so ist die Erlaubnis zur Berechnung der Steuer nach den vereinnahmten Entgelten auf diese Betriebe zu beschränken. Wechselt der Unternehmer die Art der Steuerberechnung, so dürfen Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben.

Der § 20 UStG bezieht sich mit dem Betrag auf das vorangegangene Kalenderjahr.
Damit gilt für 2020:
Hat der Umsatz eines Unternehmers im Jahr 2019 die Grenze von 600.000 Euro nicht überschritten, kann der Unternehmer einen Antrag auf Istversteuerung stellen.
Damit gilt für 2024:
Hat der Umsatz eines Unternehmers im Jahr 2023 die Grenze von 800.000 Euro nicht überschritten, kann der Unternehmer einen Antrag auf Istversteuerung stellen.

Grundsatz der Unternehmenseinheit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§ 2 UStG)
Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes kann jeder Steuerpflichtige nur ein Unternehmen haben. Es gilt der Grundsatz der Unternehmenseinheit. Das gilt selbst dann, wenn ein Unternehmer zwei völlig verschiedene Betriebe hat. Es wird für das gesamte Unternehmen nur eine einheitliche Umsatzsteuererklärung abgegeben. Eine Aufteilung wie in der Ertragssteuer findet in der Umsatzsteuer nicht statt.
Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes im Sinne des § 20 sind daher die Umsätze aller Betriebe zusammenzurechnen. Wenn die Summe aller Umsätze den Grenzwert des § 20 nicht übersteigt, darf die Ist-Besteuerung angewendet werden.

Nach § 13 Abs. 1 UStG entsteht die Steuer bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (Istversteuerung).

§ 13 Abs. 1 UStG:

Die Steuer entsteht
1. für Lieferungen und sonstige Leistungen
  1. bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist,
  2. bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind,
  3. ....

Die Steuerschuld wird also auf Beträge berechnet, die das Unternehmen schon erhalten hat.

Die zwei Varianten im Überblick:

Sollversteuerung (§ 16 Abs. 1 UStG) Istversteuerung (§ 20 Abs. 1 UStG)
In der Ausgangsrechnung vereinbarte Umsatzsteuer Durch den Kunden schon bezahlte, also vereinnahmte Umsatzsteuer
minus minus
Vorsteuer Vorsteuer
Zahllast oder Vorsteuerüberhang Zahllast oder Vorsteuerüberhang

Der Anspruch auf Vorsteuerabzug ist unabhängig von der Sollversteuerung oder Istversteuerung.

Der Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht, wenn der Unternehmer eine Eingangsrechnung mit Umsatzsteuerausweis erhält.


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