Pflichtangaben für Rechnungen - Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers in der Rechnung

Nach § 14 Abs. 4 UStG muss eine Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten.

Der Bundesfinanzhof erleichtert für Unternehmen den Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit den Urteilen vom 21.06.2018 (V R 25/15 und V R 28/16) sowie dem Urteil vom 13.06.2018 (XI R 20/14).
Eine Rechnung muss für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist. Es ist aber nicht mehr erforderlich, dass die Rechnung weitergehend einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt (Änderung der Rechtsprechung zu den Rechnungsanforderungen in § 14 Abs. 4 UStG).
Die Rechtsprechungsänderung beruht auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. November 2017 (verbundene Rechtssachen C-374/16 und C-375/16), das auf Vorlage durch den Bundesfinanzhof ergangen ist.
Bundesfinanzhof Urteil vom 21.6.2018 (V R 25/15)
Leitsätze:

1. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (Änderung der Rechtsprechung).
2. Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.

Mit seinem Urteil vom 05.12.2018 (XI R 22/14) hat der Bundesfinanzhof diese Aussage dahingehend präzisiert, dass für die Prüfung des Rechnungsmerkmals "vollständige Anschrift" der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger.

Vorsteuerabzug erfordert Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer - Bundesfinanzhof Urteil vom 14.02.2019, V R 47/16
Leitsätze des Urteils:

Die für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach ständiger Rechtsprechung erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.

Mit den Schreiben vom 07.12.2018 und 13.07.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen den Umsatzsteuer-Anwendungserlass an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angepasst und Abschnitt 14.5 sowie Abschnitt 15.2a Abs. 2 entsprechend geändert. Mit dem BMF-Schreiben vom 7. Februar 2023 erfolgte eine weitere Ergänzung.
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass enthält im Abschnitt "14.5. Pflichtangaben in der Rechnung" Hinweise zu diesen Angaben.

(2) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG sind in der Rechnung der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers jeweils vollständig anzugeben. Dabei ist es nach § 31 Abs. 2 UStDV ausreichend, wenn sich auf Grund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen. Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Verwendung eines Aliasnamens nach dem ProstSchG eine ausreichende Rechnungsangabe sein (siehe BMF-Schreiben vom 07.09.2021, BStBl I S. 1591). Bei Versteigerungen im fremden Namen und für fremde Rechnung (vgl. Abschnitt 3.7 Abs. 6) kann die sog. Losnummer als Angabe des leistenden Unternehmers (Einlieferer) genügen. Es reicht jede Art von Anschrift, sofern der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger unter dieser Anschrift erreichbar ist. Dabei ist es unerheblich, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (vgl. BFH-Urteile vom 13.06.2018 - XI R 20/14, BStBl II S. 800, und vom 21.06.2018 - V R 25/15, BStBl II S. 809, und V R 28/16, BStBl II S. 806). Maßgeblich für eine Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.2018 - XI R 22/14, BStBl II 2020 S. 418). Verfügt der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger über ein Postfach, über eine Großkundenadresse oder über eine c/o-Adresse, genügt die jeweilige Angabe in der Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG an eine vollständige Anschrift.
(3) - gestrichen -
(4) Im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft kann der Name und die Anschrift der Organgesellschaft angegeben werden, wenn der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger unter dem Namen und der Anschrift der Organgesellschaft die Leistung erbracht bzw. bezogen hat. Entsprechendes gilt für die Angabe der Anschrift einer Zweigniederlassung, einer Betriebsstätte oder eines Betriebsteils des Unternehmers.

§ 31 Abs. 2 und 3 UStDV:

(2) Den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes ist genügt, wenn sich auf Grund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen.
(3) Für die in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 5 des Gesetzes vorgeschriebenen Angaben können Abkürzungen, Buchstaben, Zahlen oder Symbole verwendet werden, wenn ihre Bedeutung in der Rechnung oder in anderen Unterlagen eindeutig festgelegt ist. Die erforderlichen anderen Unterlagen müssen sowohl beim Aussteller als auch beim Empfänger der Rechnung vorhanden sein.

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass enthält im Abschnitt "15.2a. Ordnungsmäßige Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug" Hinweise zur Prüfung der Rechnung.

(2) ....
Der Rechnungsaussteller (Gutschriftsempfänger) muss mit dem leistenden Unternehmer grundsätzlich identisch sein, um eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller (Gutschriftsempfänger) herzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 14.02.2019 - V R 47/16, BStBl II 2020 S. 424). Zur Abrechnung durch den Vermittler vgl. BFH-Urteil vom 04.03.1982 - V R 59/81, BStBl II S. 315. Der Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn die Rechnung die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers enthält, wobei es nicht erforderlich ist, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist; es reicht vielmehr jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 13.06.2018 - XI R 20/14, BStBl II S. 800, und vom 21.06.2018 - V R 25/15, BStBl II S. 809, und V R 28/16, BStBl II S. 806). Maßgeblich für eine Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.2018 - XI R 22/14, BStBl II 2020 S. 418). Der Unternehmer, der die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt hat, muss in der Rechnung (Abrechnungspapier) grundsätzlich mit seinem wirklichen Namen bzw. mit der wirklichen Firma angegeben sein (vgl. auch § 31 Abs. 2 UStDV). Bei der Verwendung eines unzutreffenden und ungenauen Namens (z. B. Scheinname oder Scheinfirma) kann der Vorsteuerabzug ausnahmsweise zugelassen werden, wenn der tatsächlich leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar aus dem Abrechnungspapier ersichtlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 07.10.1987 - X R 60/82, BStBl II 1988 S. 34).
....
(3) Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich eine auf den Namen des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers lautende Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer voraus. Es ist jede Bezeichnung des Leistungsempfängers ausreichend, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung seines Namens und seiner Anschrift ermöglicht (vgl. BFH-Urteil vom 02.04.1997 - V B 26/96, BStBl II S. 443). Eine andere Rechnungsadresse ist nicht zu beanstanden, wenn aus dem übrigen Inhalt der Rechnung oder aus anderen Unterlagen, auf die in der Rechnung hingewiesen wird (§ 31 Abs. 1 UStDV), Name und Anschrift des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers eindeutig hervorgehen (z. B. bei einer Rechnungsausstellung auf den Namen eines Gesellschafters für Leistungen an die Gesellschaft). Eine Gesellschaft kann jedoch aus einer Rechnung, die nur auf einen Gesellschafter ausgestellt ist, keinen Vorsteuerabzug vornehmen, wenn die Rechnung keinen Hinweis auf die Gesellschaft als Leistungsempfänger enthält (vgl. BFH-Urteile vom 05.10.1995 - V R 113/92, BStBl II 1996 S. 111).
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(6) ....
Ungenauigkeiten führen unter den übrigen Voraussetzungen nicht zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn z. B. bei Schreibfehlern im Namen oder der Anschrift des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers oder in der Leistungsbeschreibung ungeachtet dessen eine eindeutige und unzweifelhafte Identifizierung der am Leistungsaustausch Beteiligten, der Leistung und des Leistungszeitpunkts möglich ist und die Ungenauigkeiten nicht sinnentstellend sind.

Zu sog. Innenumsätzen (Leistender = Leistungsempfänger) enthält der Umsatzsteuer-Anwendungserlass im Abschnitt "14.1. Zum Begriff der Rechnung" folgende Hinweise:

(4) Sog. Innenumsätze, z. B. zwischen Betriebsabteilungen desselben Unternehmens oder innerhalb eines Organkreises, sind innerbetriebliche Vorgänge. Werden für sie Belege mit gesondertem Steuerausweis ausgestellt, handelt es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um Rechnungen, sondern um unternehmensinterne Buchungsbelege. Die darin ausgewiesene Steuer wird nicht nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.2010 - V R 7/10, BStBl II 2011 S. 391, und Abschnitt 14c.2 Abs. 2a).

Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers ist bei Rechnungen über Kleinbeträge (Gesamtbetrag bis 250 Euro) entbehrlich (§ 33 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung).
Die Grenze für Kleinbetragsrechnungen wurde durch das "Zweite Bürokratieentlastungsgesetz" rückwirkend zum 01.01.2017 von 150 Euro auf 250 Euro angehoben.


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