Steuer- und handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten
Aktuelles
Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege werden verkürzt - Bürokratieentlastungsgesetz IV
Das Gesetz wurde am 29.10.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Der Bundesrat hatte am 18. Oktober 2024 dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt. Der Bundestag hatte das Gesetz am 26. September 2024 verabschiedet.
Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege wie z.B. Rechnungskopien, Kontoauszüge und Lohn- und Gehaltslisten werden von zehn auf acht Jahre verkürzt.
Durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV werden folgende Gesetze geändert:
- Die Aufbewahrungsfrist nach § 257 Absatz 4 HGB wird für Buchungsbelege auf acht Jahre verkürzt.
- Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege nach § 147 Absatz 3 der Abgabenordnung wird von zehn Jahre auf acht Jahre verkürzt
- Die umsatzsteuerliche Frist zur Aufbewahrung von Rechnungen in § 14b Absatz 1 Satz 1 UStG wird an die geänderte Aufbewahrungsfrist in § 147 Absatz 3 der Abgabenordnung angepasst.
Die neuen Fassungen sind erstmals auf Unterlagen anzuwenden, deren Aufbewahrungsfrist einen Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufen ist.
Mit Blick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde zudem die Regelung zu den modifizierten Aufbewahrungsfristen angepasst.
Auszug aus Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung:
In den Einführungsbestimmungen wird eine Sonderregelung für Personen oder Gesellschaften geschaffen, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen. Für die Unterlagen dieser Personen oder Gesellschaften soll die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen erst mit einer Verzögerung von einem Jahr gelten. Für alle Anderen greift die Fristverkürzung demgegenüber bereits dann, wenn am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes die bisherige 10-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen war. Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren durch die als bloße Entbürokratisierungsmaßnahme intendierte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren.
Im Bürokratieentlastungsgesetz III werden Erleichterungen bei der Vorhaltung von Datenverarbeitungssystemen für steuerliche Zwecke ab 01.01.2020 festgelegt. Das Gesetz wurde am 28.11.2019 im
Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Dazu wird dem § 147 Abs. 6 AO folgender Satz angefügt:
Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.
Rechtliche Regelungen
Zur Aufbewahrung von Unterlagen und den Aufbewahrungsfristen enthält der § 257 HGB (Aufbewahrung von Unterlagen Aufbewahrungsfristen) sowie der § 147 AO (Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen) die entsprechenden Regelungen.
Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften stimmen größten Teils überein. Für die betriebliche Praxis sind überwiegend die steuerrechtlichen Vorschriften relevant.
Von Bedeutung sind auch die vom BMF veröffentlichten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff
(GoBD).
Das Bundesministerium für Finanzen hat am 28.11.2019 die geänderten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)
veröffentlicht. Mit dem BMF-Schreiben werden die GoBD neugefasst. Es tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 14. November 2014.
Auf Initiative und in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Wirtschaftskammern und -verbänden hat die AWV (Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V.) eine Muster-Verfahrensdokumentation zur Belegablage entwickelt, an der sich die Unternehmen und ihre steuerlichen Berater orientieren können.
Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Damit ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese aufzubewahren.
§ 14 Abs. 1 UStG - Ausstellung von Rechnungen:
Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.
§ 14b Abs. 1 UStG - Aufbewahrung von Rechnungen (Fassung bis 31.12.2024):
Der Unternehmer hat ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, zehn Jahre aufzubewahren. Die Rechnungen müssen für den gesamten Zeitraum die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist; § 147 Abs. 3 der Abgabenordnung bleibt unberührt. ....
§ 14b Abs. 1 UStG - Aufbewahrung von Rechnungen (Fassung ab 01.01.2025):
Der Unternehmer hat ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, acht Jahre aufzubewahren. Die Rechnungen müssen für den gesamten Zeitraum die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist; § 147 Abs. 3 der Abgabenordnung bleibt unberührt. ....
Zu beachten sind aber auch die Übergangsvorschriften. Dem § 27 Umsatzsteuergesetz wird der Absatz 40 angefügt. Dort steht, dass die neue Regelung auf alle Rechnungen anzuwenden ist, deren Aufbewahrungsfrist am Tag vor dem
Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufen ist.
Für Unterlagen von Steuerpflichtigen, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, gilt die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen erst mit einer Verzögerung von einem Jahr.
Aufzubewahrende Unterlagen und Aufbewahrungsfristen
Folgende Unterlagen sind nach § 257 HGB und § 147 AO geordnet aufzubewahren:
- Bücher (bei Kaufleuten Handelsbücher) und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung), Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
- Empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe,
- Wiedergaben der abgesendeten Handels- oder Geschäftsbriefe,
- Buchungsbelege,
- Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
- Sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Regelung bis 31.12.2024: Die Aufbewahrungsfrist für die unter den Punkten 1, 4 und 5 aufgeführten Unterlagen beträgt 10 Jahre. Die unter Punkt 2, 3 und 6 aufgeführten Unterlagen sind 6 Jahre aufzubewahren.
Regelung ab 01.01.2025: Die Aufbewahrungsfrist für die unter den Punkten 1 und 5 aufgeführten Unterlagen beträgt 10 Jahre. Die unter Punkt 4 aufgeführten Unterlagen sind 8 Jahre aufzubewahren. Die unter
Punkt 2, 3 und 6 aufgeführten Unterlagen sind 6 Jahre aufzubewahren.
Zu beachten sind aber auch die Änderung des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch und die Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung.
Dort steht, dass die neue Regelung auf alle Unterlagen anzuwenden ist, deren Aufbewahrungsfrist am Tag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufen ist.
Für Unterlagen von Steuerpflichtigen, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, gilt die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen erst mit einer Verzögerung von einem Jahr.
Die Aufbewahrungsfrist läuft nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Nach § 147 AO beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem
- die letzte Eintragung in das Buch (Handelsbuch) gemacht worden ist,
- das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt worden ist,
- der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesendet worden ist,
- der Buchungsbeleg entstanden ist,
- die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder
- die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Belege auf Thermopapier
Angesichts der geringen Haltbarkeit von Zahlungsbelegen auf Thermopapier ist die Dauer der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren problematisch. Wenn die Belege nicht mehr leserlich sind, hat dies im Rahmen einer Betriebsprüfung negative Auswirkungen auf den Vorsteuer- und Betriebsausgabenabzug.
Belege auf Thermopapier werden häufig bei Barverkäufen (Tanken, Parken, Bewirtung, Supermärkte oder Baumärkte) ausgestellt. Thermopapiere gewährleisten keine Lesbarkeit über zehn Jahre.
Der Abschnitt 14b.1 Abs. 5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) schreibt dazu vor:
Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum die Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG - Echtheit der Herkunft, Unversehrtheit des Inhalts und Lesbarkeit der Rechnung - erfüllen. Nachträgliche Änderungen sind nicht zulässig. Sollte die Rechnung auf Thermopapier ausgedruckt sein, ist sie durch einen nochmaligen Kopiervorgang auf Papier zu konservieren, das für den gesamten Aufbewahrungszeitraum nach § 14b Absatz 1 UStG lesbar ist. Dabei ist es nicht erforderlich, die ursprüngliche, auf Thermopapier ausgedruckte Rechnung aufzubewahren.
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