Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung

Grundsätzliches

Für die Aufbewahrung digitaler Unterlagen gelten die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 145 bis 147 AO).

So leicht es auf den ersten Blick klingt, so umständlich sind sie zu führen: Kassenbücher. Was früher akribisch von Hand eingetragen wurde, ist längst in digitaler Form erhältlich. § 146 Absatz 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) schreibt vor, dass Kassenbücher täglich zu führen sind.
Nur bei Buchführungspflicht besteht auch die Pflicht zur Führung von Kassenbüchern.
Wer lediglich eine Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG, 4/3-Rechnung) erstellen muss, braucht kein Kassenbuch zu führen.
Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16.02.2006 (X B 57/05): Steuerpflichtige, die ihren Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, sind nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen.
Der Bundesfinanzhof begründete seine Entscheidung auch damit, dass es bei der Einnahmenüberschussrechnung keine Bestandskonten gibt und somit auch kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld wird damit sofort Privatvermögen. Die Feststellung eines Kassenbestands, für den ein Kassenbuch bei einer Gewinnermittlung nach dem Bestandsvergleich aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich ist, kommt nicht in Betracht.

Insbesondere bei Firmen, die hauptsächlich mit Bareinnahmen arbeiten, wie zum Beispiel Bäcker, Friseure, Metzger oder Gaststätten, ist diese Vorschrift sehr genau zu beachten. Denn weist die Kasse signifikante Fehler oder Mängel auf, dann sind die Betriebsprüfer schnell mit einer Vollschätzung der gesamten Einnahmen dabei. Und wenn Prüfer schätzen, dann schätzen sie in der Regel zu Gunsten des Finanzamts. Unterm Strich bedeutet das steuerliche Mehrbelastungen für Steuerpflichtige.

Umso wichtiger ist es, mit einer zuverlässigen Software zu arbeiten.

Verwaltungsvorschriften:

  • BMF-Schreiben vom 26.11.2010: "Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften" (auch 2. Kassenrichtlinie genannt)
  • BMF-Schreiben vom 28.11.2019: GoBD - Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff
  • Ergänzende Informationen des BMF zur Datenträgerüberlassung
  • Anwendungserlass zur Abgabenordnung
    Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 ist § 146a AO eingeführt worden. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 146a AO erläutert daher die Vorschrift. Das BMF ergänzt mit dem BMF-Schreiben vom 17.06.2019 den Anwendungserlass zur AO um umfangreiche Anmerkungen.
  • Durch das BMF-Schreiben vom 6. November 2019 wurde die Mitteilungsverpflichtung über den Einsatz oder die Außerbetriebnahme eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Absatz 1 Abgabenordnung (AO) nach § 146a Absatz 4 AO bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit ausgesetzt.
  • BMF-Schreiben vom 28. Juni 2024 zum Beginn der Mitteilungsverpflichtung nach § 146a Absatz 4 Abgabenordnung (AO)
  • Kassensicherungsverordnung und Technische Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik

Härtefallregelung für Altgeräte: Fristablauf 31.12.2016

Zum 31. Dezember 2016 lief die Übergangsfrist des BMF-Schreibens vom 26. November 2010 zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften aus. Ab dem 1. Januar 2017 müssen Unterlagen im Sinne des § 147 Absatz 1 Abgabenordnung, die mittels elektronischer Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxametern und Wegstreckenzähler erstellt worden sind, für die Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufbewahrt werden (§ 147 Absatz 2 Abgabenordnung).

Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016

Das Gesetz beinhaltet einige Regelungen, die sofort greifen, andere sind zeitlich nach gelagert.

Einzelaufzeichnungspflicht und tägliche Aufzeichnungen
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 sieht eine Einzelaufzeichnungspflicht vor, die am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt. Die Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren sind, so dass sich die einzelnen Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen können. Eine Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung.

Während in der Vergangenheit festgeschrieben war, dass Geschäftsvorfälle im Kassenbuch täglich festgehalten werden sollen, so gilt ab 2017, dass sie täglich festzuhalten sind. Diese zwingende Regelung bestand vorher nicht.

Kassen-Nachschau nach § 146b Abgabenordnung ab 2018
Ab dem 1. Januar 2018 wird die Möglichkeit der Kassen-Nachschau eingeführt. Dies ist ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte unter anderem im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen.
Ab 2018 können Betriebsprüfer eine Kassen-Nachschau durchführen. Dieses Prüfverfahren ist abgekoppelt von dem komplexen Verfahren einer umfassenden Betriebs- oder Außenprüfung. Sie soll dazu dienen, dass Finanzbehörden zeitnah steuerrelevante Zusammenhänge prüfen und klären können. Das Besondere an der Kassen-Nachschau ist, dass ein Prüfer unangemeldet beim Steuerpflichtigen zur Prüfung erscheinen kann. Eine Vorbereitung ist somit nicht möglich, auch die Abstimmung mit dem steuerlichen Berater bleibt auf der Strecke. Für perfekt geführte Bücher ist das unproblematisch. Doch die Praxis zeigt, dass kaum eine Kassenbuchführung perfekt ist. Kleine Flüchtigkeitsfehler schleichen sich so gut wie immer ein. Die Frage ist, ob der Prüfer sie findet und wie er sie bewertet. In jedem Fall öffnet die Kassen-Nachschau dem Finanzamt Tür und Tor, um einen unbescholtenen Steuerpflichtigen zu prüfen und bei sich ergebendem Anfangsverdacht - so klein er auch sein mag - eine umfassende steuerliche Betriebsprüfung anzusetzten.

Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung ab 2020 - Übergangsfristen bis zum 31. Dezember 2022
Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 1. Januar 2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die aus drei Bestandteilen besteht: einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle.

  • Spezielles Sicherheitsmodul
    Das Sicherheitsmodul gewährleistet, dass Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht mehr unerkannt verändert werden können.
  • Speichermedium
    Das Speichermedium muss sämtliche Aufzeichnungen im Rahmen der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen abrufbar festschreiben.
  • Digitale Schnittstelle
    Damit Prüfer ungehindert und reibungslos auf alle Daten zugreifen können, muss eine digitale Schnittstelle für die Datenübertragung zur Verfügung stehen.

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat - Pressemitteilung Nr. 239 vom 25.09.2019 (Auszug):
Die Neuregelung im Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassengesetz) dient dem Zweck, Kassenbuchungen zu sichern und damit eine verlässliche Grundlage für eine gleichmäßige Besteuerung zu schaffen. Sie betrifft alle Betriebe, die ihre Bargeldeinnahmen mittels einer elektronischen Registrierkasse aufzeichnen. Mit einem Beschluss auf Bund-Länder-Ebene hat sich die Finanzverwaltung nun auf eine zeitlich befristete Nichtbeanstandungsregelung bis 30. September 2020 verständigt.

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Datum vom 06.11.2019 das BMF-Schreiben "Nichtbeanstandungsregelung bei Verwendung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO ohne zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nach dem 31. Dezember 2019" herausgegeben.
Auszug:
Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.

Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen verlängerte sich diese Übergangsfrist bis zum 31. März 2021.

Steuerpflichtige sollten beim Kauf einer finanzamtskonformen Kasse nur auf zertifizierte Geräte zugreifen. Das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) veröffentlicht Richtlinien für Sicherheitseinrichtungen von elektronischen Kassen.

Übergangsregelung für bestimmte Kassensysteme
Wurden Registrierkassen nach dem 25. November 2010 und vor dem 1. Januar 2020 angeschafft, die den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26. November 2010 (BStBl. I S. 1342) entsprechen und die bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, so dass sie die Anforderungen des § 146a der Abgabenordnung nicht erfüllen, dürfen diese Registrierkassen bis zum 31. Dezember 2022 abweichend von den § 146a und § 379 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 der Abgabenordnung weiter verwendet werden.
Voraussetzung: Die Kasse muss dem BMF-Schreiben vom 26.11.2010 entsprechen.
Ab 1. Januar 2023 ist eine neue elektronische Kasse mit technischer Sicherheitseinrichtung Pflicht.

Belegausgabepflicht ab 2020 (Kassenbon-Pflicht)
Weiterhin ist ab dem 1. Januar 2020 die verpflichtende elektronische Belegausgabe bei elektronischen Aufzeichnungssysteme vorgesehen. Danach muss für den an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten ein Beleg erstellt und diesem zur Verfügung gestellt werden. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Mit der Belegausgabepflicht entsteht für den am Geschäftsvorfall Beteiligten aber keine Pflicht zur Mitnahme des Belegs. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität besteht unter den Voraussetzungen des § 148 Abgabenordnung die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht.

Fragen und Antworten zum Kassengesetz - FAQ des Bundesministerium der Finanzen

Meldepflicht für elektronische Kassensysteme - Beginn der Mitteilungsverpflichtung nach § 146a Absatz 4 Abgabenordnung (AO)

Die elektronische Übermittlungsmöglichkeit wird über das Programm "Mein ELSTER" und die ERiC-Schnittstelle ab dem 1. Januar 2025 zur Verfügung gestellt.
BMF-Schreiben vom 28. Juni 2024

  • Alle vor dem 1. Juli 2025 angeschafften elektronischen Kassensysteme müssen bis zum 31. Juli 2025 gemeldet werden.
  • Alle ab dem 1. Juli 2025 angeschafften Systeme müssen innerhalb eines Monats nach Anschaffung gemeldet werden.
    Dies gilt ebenfalls für ab dem 1. Juli 2025 außer Betrieb genommene elektronische Aufzeichnungssysteme (§ 146a Absatz 4 Satz 2 AO). Es ist zu beachten, dass bei der Mitteilung der Außerbetriebnahme elektronischer Aufzeichnungssysteme vorher die Anschaffung mitzuteilen ist.
  • Elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 KassenSichV, die vor dem 1. Juli 2025 endgültig außer Betrieb genommen wurden und im Betrieb nicht mehr vorgehalten werden, sind nur mitzuteilen, wenn die Meldung der Anschaffung des elektronischen Aufzeichnungssystems zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt ist.
  • Nicht angeschaffte (z. B. gemietete oder geleaste) elektronische Aufzeichnungssysteme stehen angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen gleich (Nr. 1.16.2.6 des AEAO zu § 146a).
  • Bei jeder Mitteilung müssen stets alle elektronischen Aufzeichnungssysteme einer Betriebsstätte in der einheitlichen Mitteilung übermittelt werden.

Zur Mitteilungsverpflichtung wurde vom Bundesministerium der Finanzen auch eine Ausfüllanleitung veröffentlicht.

Im Dokument Fragen und Antworten zum Kassengesetz - FAQ des Bundesministerium der Finanzen gibt es ein Thema "Mitteilungspflicht nach § 146a Abs. 4 AO" mit weiteren Hinweisen.

Kassendaten online archivieren

Eine unkomplizierte Online-Lösung gibt es von der DATEV eG. Damit werden die aufbewahrungspflichtigen Kassendaten zuverlässig und GoBD-konform, also nach den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, mit höchster Sicherheit für 10 Jahre in der DATEV-Cloud archiviert.
Wenn das Kassensystem vom Hersteller mit einer DATEV-Schnittstelle ausgerüstet ist, werden die aufbewahrungspflichtigen Kassendaten per Knopfdruck in die DATEV-Cloud übertragen. Wenn nicht, ist ein manuelles Hochladen der Kassendaten auch ohne Schnittstelle jederzeit möglich. Der Kasseninhaber kann jederzeit auf seine Daten über die Online-Anwendung zugreifen und sie im Prüfungsfall freigeben, E-Mail-Adresse und Passwort genügen (Quelle: www.datev.de).

Merkblatt der Oberfinanzdirektion Karlsruhe

Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat am 03.05.2021 ein neues Merkblatt zur "Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung" herausgegeben.

Themen des Merkblatts:

1. Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO)
2. Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen (§ 146 Abs. 1 Satz 3 und 4 AO)
3. Einsatz von offenen Ladenkassen
4. Einsatz elektronischer Registrierkassen
5. Verfahrensdokumentation
6. Datenzugriffsrecht
7. Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
8. Kassensicherungsverordnung
9. Kassen-Nachschau (§ 146b AO)
10. Folgen von Mängeln


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